Psychotherapie bei Straftätern

Bei der psychotherapeutischen Arbeit mit Straftätern haben Konzepte der allgemeinen Psychotherapie Bestand. So ist auch hier die Grundlage einer psychotherapeutischen Zusammenarbeit die Beziehung zwischen Therapeut und Patient. Ferner sind auch hier die Wirkfaktoren im Sinne von Grawe, konkret die Problemaktualisierung, -klärung und anschließende Problembewältiung unter Berücksichtigung einer Ressourcenaktivierung und Motivation beim Patienten Bedingung für ein Gelingen der Behandlung.

Wesentlicher Bestandteil der psychotherapeutischen Arbeit ist aber die sogenannte Deliktbearbeitung, die sich zusammensetzt aus einer ersten Stufe, der Rekonstruktion des Tatgeschehens und der prädeliktischen Phase sowie einer zweiten Stufe, die auf eine Veränderung tatrelevanter Verhaltensweisen abzielt. Oft stellt eine Straftat oder die Wiederholung von Straftaten quasi den Endpunkt in einer problematischen Persönlichkeitsentwicklung dar. Diese liegt häufig in traumatischen Beziehungserfahrungen und einer überkompensierenden Bewältigung begründet. Ein erster Behandlungserfolg besteht darin, das emotionale Erleben des Täters während der Tat in der therapeutischen Aufarbeitung zu aktivieren: Wie hat er sein Handeln, möglicherweise eine Beziehung zu einem Opfer vor und während der Tat erlebt und welche tatmotivierenden Gedanken bestanden? Oft ist mit der Rekonstruktion des Tatgeschehens eine emotionale Distanzierung und eine kognitive Verzerrung verbunden. Deshalb besteht die erste Stufe auch in einen Heranführung des Täters an sein Erleben. Später erfolgt eine Auseinandersetzung mit tatförderlichen Kognitionen.

Die zweite Stufe fokussiert auf einen Veränderungsprozess der tatrelevanten Verhaltensweisen (Bewältigungsmodi) und der Ausbildung einer meta-kognitiven Steuerung zur Erhöhung der sozialen Kompetenz und letztendlich der Bildung einer größeren Übereinstimmung zwischen sozialemotionalen Bedürfnissen und der tatsächlichen Lebensrealität. Deliktbearbeitung an dieser Stelle bedeutet Üben, Trainieren von sozialen und persönlichen Grundfertigkeiten.

Psychotherapeutische Behandlung eines Täters wird einerseits nur gelingen, wenn die Person einen Sinn darin sieht, das strafrechtlich relevante Verhalten zu verändern und eine entsprechende Willensstärke hierzu entwickelt. Andererseits ist ein sozial-moralisches Niveau notwendig, welches sich in der Bereitschaft ausdrückt, sich mit der Perspektive, Emotionalität und den Gedanken des Opfers auseinanderzusetzen.